Der Tag begann eigentlich wie jeder andere auch – Moritz Meyer stand auf, macht sich fertig, ging zur Arbeit. Er wusste nicht, dass er heute den Tod von hundertfünfzig Menschen verschulden würde. Pilot zu werden war schon immer sein Traum gewesen, und er hatte hart dafür gearbeitet. Doch seit seine Augenärztin ihm gesagt hatte, dass er Augenprobleme hatte, ging es ihm immer öfter schlecht. Aber nichts auf der Welt würde ihn davon abhalten, seinen Traum zu verwirklichen! Moritz wusste, dass er ein guter Pilot sein würde. Alles verlief wie immer, und ehe er sich versah, saß er auch schon im Cockpit. Sofort strömte das Gefühl durch seine Adern, durchflutete seinen gesamten Körper – das Gefühl von Freiheit; und auch von Macht. Moritz liebte es, zu fliegen. Er war nicht nervös, nicht ängstlich. Irgendwann sagte der Pilot: „Herr Meyer? Übernehmen Sie bitte kurz, ich gehe schnell auf die Toilette.“ Moritz nickte nur kurz, er wusste, dass er es konnte. Als er allein im Cockpit saß, ließ er seinen Blick streifen, über die vielen Knöpfe und Schalter. Schon damals, als er vor vielen, vielen Jahren einmal als kleiner Junge nach vorne durfte, hatten sie ihn faszieniert. Ein Schalter fesselte jetz seine gesamte Aufmerksamkeit. Der Schalter, mit dem man die Cockpittür verriegeln konnte. Plötzlich, ohne den Entschluss bewusst gefasst zu haben, beugte er sich vor und betätigte ihn. Noch im selben Moment wurde ihm klar, was er getan hatte, noch bevor er die Schritte des Piloten vernahm. Moritz lehnte sich wieder zurück, denn er wusste, dass er einen Fehler gemacht hatte. Der Pilot hämmerte jetzt gegen die Tür. „Herr Meyer? Was ist los? Machen Sie auf!“ Moritz wurde wütend. Was dachte der sich? Er konnte fliegen, und zwar gut. Wieder handelte er, ohne sich dazu entschlossen zu haben. Seine Hand gleitete wie von selbst zu dem Drehknopf, mit dem man den Sinkflug einleitete. Er würde es dem Piloten zeigen, nein der ganzen Welt! Seiner Augenärztin, die sagte er hätte Augenprobleme, dem Piloten, der dachte, er könne nicht allein fliegen – lächerlich -, den Psychlogen, die seine Verfassung falsch einschätzten – einfach allen! Doch im selben Moment, in dem er den Knopf gedreht hatte, wurden all diese Gefühle, all diese Gedankenblitze raus geschwämmt. Was zum Teufel hatte er getan? Moritz verlor seine Fassung, während er fühlte, wie das Flurgzeug sank. Auch der Pilot fühlte es. Immer noch hämmerte er wild gegen die Tür, doch Moritz war unfähig, irgendetwas zu tun. Die Minuten, in den das Flugzeug immer weiter sank, kamen ihm wie Sekunden vor, die sich Stunden lang hinzogen. Früher hatte er gedacht, so etwas wäre wie in Filmen, man würde das Leben an sich vorbeiziehen sehen, wenn man starb, doch er sah gar nichts. In dem Moment, in dem das Flugzeug explosionsartig aufschlug, flüsterte er traurig: „Sie hatten Recht.“